From the Scene: Claude Meier spricht über Garn

Claude Meier12-18-20253 min. Lesedauer

Im Format «From the Scene» kommen Musiker*innen aus dem Moods-Kosmos zu Wort. Sie geben einen Einblick in ihr Schaffen und ihre Prozesse. In der aktuellen Ausgabe spricht Claude Meier über seine kompositorische Arbeit mit Garn.

What goes around comes around’. Mein Name ist Claude Meier. Ich bin Bassist, Komponist und Umgebungsheger- und pfleger und erzähle gerne über meine kompositorische Arbeit am Beispiel der Band Garn.«Loopwheel» ist eine Methode zur Herstellung von Stoffen durch ein Zahnradverfahren, bei dem die Baumwollgarne um einen Zylinder gewirkt werden. Es dauert fast 20-mal länger, den Stoff für ein T-Shirt auf einem Loopwheeler zu weben als auf einer modernen Maschine. Die langsame Geschwindigkeit der Zahnradmaschinen bedeutet, dass das Baumwollgarn keine Spannung erfährt.Die einzige Spannung, die von diesen Maschinen auf das Gewebe ausgeübt wird, ist die Schwerkraft. Die Maschinen sind zuverlässig, aber nicht perfekt. Die kleinen Unregelmässigkeiten im Material sind ein wesentlicher Bestandteil des charakteristischen Aussehens und der Haptik der Textilien. In diesem Sinne heisst das für uns und unsere Musik: Gut Ding will Weile haben, perfekt ist manchmal auch imperfekt und ‘what goes around comes around’.Zuerst ist da ein Melodiefetzen, der ins Handy gesungen wurde, eine leise gezupfte Basslinie, aufgenommen auf dem Computer, eine Akkordfolge, die lose auf dem Klavier gespielt und notiert wurde, oder eine Stimmung, ein Klang, welchen man nachverfolgen möchte, auf ein Blatt Papier aufgeschrieben. Diese Ideen werden gesammelt und immer mal wieder gehört, gespielt und gelesen. Mit der Zeit kristallisieren sich diejenigen heraus, welche ich weiterverfolgen möchte. Dann überlege ich mir, was braucht es noch für einen guten Song? Was schreibe ich auf? Ist es einstimmig, mehrstimmig, wer in der Band spielt welchen Teil oder eben welcher Teil wird nicht gespielt? Wie frei soll das Stück bleiben.Bei Loopwheel war zuerst die Basslinie im Afro 6/8 Teil. Diese dient hier zugleich als Melodie. In den Teilen A, B – A2, B2, welcher in einer Art Quasi Time gespielt wird, spielen die langsamen schweren Quinten vom Bass eine tragende Rolle. Diese drehen sich langsam um sich selbst. Darüber wird in A, B ein Fünfton-Motiv vom Saxofon gespielt. Dieses wird im letzten Teil des Stücks wieder aufgegriffen und kommt vor den Soli und am Schluss als Ende wieder vor. Somit ist der Loop komplett. Als Übergang zum Ursprungsteil C dient eine getragene Melodie über A2, B2. Die musikalischen Farben und Texturen werden von der Gitarre und dem Schlagzeug beigesteuert.Mir ist es wichtig, dass der Klang im Zentrum steht. Ist die Komposition rau, glatt, hat es Ecken, dürfen diese bestehen bleiben, oder soll das Stück eher ruhig und Bescheiden daherkommen? Je mehr ich mich mit der Komposition des Stücks befasse, desto konkreter wird auch der Titel. Dieser bezieht sich auf eine Stimmung, die in mir ist oder in der Umwelt. Der Titel befruchtet die Komposition. Er soll das Stück ergänzen und mit ihm eine Geschichte erzählen.
«Durchzogen» spielt auf die momentane Weltlage an, «Beat the coin» ist eine Anlehnung an den Bitcoin. «La Bestia» heisst der Zug, welchen Einwanderer:innen nehmen, wenn sie von Mexico in die USA reisen wollen, eine hin- und herschaukelnde Fahrt ins Ungewisse.So gibt es zu jedem Stück einen Hintergrund, der in der Komposition, im Gefühl und in der Spielweise in der Musik widerspiegelt wird. Dies verhilft ihr zu einer anderen Tiefe und lässt die Band Geschichten erzählen – was letztlich Sie als Zuhörer:innen sehr begeistern wird.

Garn im Moods